ausstellung

Incarnate

09. November 2025 bis 22. März 2026 ● Neuss ● Langen Foundation

Mit „Incarnate” präsentieren die Julia Stoschek Foundation und die Langen Foundation ihre erste institutionelle Kooperation und vereinen zwei Kunstsammlungen in einer gemeinsamen Ausstellung. Zeitbasierte Medienkunst aus der Julia Stoschek Collection wird mit klassischen japanischen und asiatischen Werken aus der Sammlung Viktor und Marianne Langen in Beziehung gesetzt. Mit Arbeiten von Ed Atkins, Trisha Donnelly, Laure Prouvost und Lu Yang sowie klassischer japanischer und asiatischer Kunst aus mehr als eintausend Jahren, vom 7. Jahrhundert bis zur Gegenwart, inszeniert „Incarnate” das Verhältnis zwischen Körper und Bewusstsein, Geist und Maschine, Bild und Wirklichkeit.

„Incarnate” zeigt Arbeiten im Spannungsfeld zwischen Sichtbarem und Verborgenem und lädt dazu ein, über die ,Wahrheit‘ von Illusionen zu reflektieren. Die Ausstellung, die sich über das gesamte Gebäude erstreckt, untersucht Schnittstellen zwischen Körpern und Bildschirmen, Daten und Metaphysik, Realität und Repräsentation.

In der Philosophie und Theologie bezeichnet der Begriff „Inkarnation“ das Sichtbarwerden des Unsichtbaren, die Erscheinung des Geistigen in einer endlichen, materiellen Form. Der Titel der Ausstellung verweist auf die überraschende Nähe zwischen religiöser Kunst und den illusionistischen Strategien zeitgenössischer Medien. Begegnungen zwischen antiken, modernen und zeitgenössischen Kunstwerken symbolisieren eine wiederkehrende Schleife zwischen Form bzw. Vermittlung und Inhalt, wie in einer bekannten Passage aus dem Herz-Sutra: „Form ist Leere (śūnyatā), Leere ist Form.“

Zu Beginn der Ausstellung steht Vito Acconcis Videoperformance Shadow Play, in der der Künstler gegen seinen eigenen Schatten anzukämpfen scheint. Im Japan-Raum der Langen Foundation folgen Stellschirme der Kanō-Schule, die Meereslandschaften und Seevögel vor goldenem Hintergrund zeigen. Ihnen gegenüber steht Laure Prouvosts Videoarbeit Swallow, das sich mit Bildern von Naturfantasien und genussvollen Momenten im Wasser evoziert. Beide Arbeiten untersuchen die Verführungskraft von Bildern – und unseren Wunsch, in sie einzutauchen. Ergänzt werden sie durch Werke von Matt Calderwood und Peter Campus, die die Fläche des Bildschirms als durchlässige Grenze und als zentrales Motiv thematisieren.

Im nächsten Abschnitt der Ausstellung beginnt eine Reise in tiefere, fast metaphysische Ebenen. Der zweite Teil beginnt mit Peggy Ahweshs „She Puppet“, in dem eine weibliche Spielfigur im Tomb-Raider-Universum wiederholt stirbt und ins Spiel zurückkehrt. Es folgt Ed Atkins „Warm, Warm, Warm Spring Mouth“, in dem ein digitaler Avatar in einer virtuellen Tiefsee poetisch über Tod, Erinnerung und Daten reflektiert. In unmittelbarer Nähe ist ein Werk von Nam June Paik zu sehen: Ein meditierender Buddha blickt auf sein eigenes Bild im Fernseher – eine kraftvolle Gegenüberstellung von spiritueller Präsenz und medialem Selbstbild.

Den Abschluss der Ausstellung bildet Lu Yangs „DOKU The Flow“. Das aufwendig animierte Video zeigt einen geschlechtslosen Avatar namens DOKU, dessen Name auf ein Zitat aus dem Sukhāvatīvyūha Sūtra zurückgeht: „Dokusho Dokushi“ – „Wir werden allein geboren, wir sterben allein.“ Die Arbeit untersucht die Virtualisierung von Körper und Geist und bringt buddhistische Philosophie mit posthumanen Vorstellungen in Verbindung. DOKUs Reise durch hyperreale Räume spiegelt eine moderne buddhistische Ästhetik, die von Vergänglichkeit, Abhängigkeit und Identitätslosigkeit geprägt ist. Inmitten buddhistischer Skulpturen wird Lu Yangs digitale Vision in die lange Geschichte spiritueller Tradition eingebettet.

„Incarnate“ lädt die Besucher:innen ein, zwischen materiellen und immateriellen Welten zu wandern – und zeigt, wie sich spirituelle Fragen und mediale Ausdrucksformen über Jahrhunderte hinweg begegnen. Die Konfrontation von Devotionalien und digitalen Avataren hinterfragt die Grenzen zwischen alter Weisheit und zeitgenössischem Denken – und öffnet einen Raum zur Reflexion über Verkörperung, Illusion und das sich wandelnde Bild des Selbst.

langenfoundation.de

Bildunterschriften und /-nachweise:

1. Lu Yang, DOKU The Flow, 2024, HD video, 50′15″, color, sound. Video still.  Courtesy the artist and Société, Berlin.

2. Peter Campus, Three Transitions, 1973, video, 4′53″, color, sound. Video still.  Courtesy of the artist and Cristin Tierney, New York.

3. Crowned Buddha with Double Teaching Gesture, 12th century. Installation view: A Sublime World, works from the collection of Viktor & Marianne Langen, 2019. Langen Foundation, Neuss. Copyright: Langen Foundation.

4. Ed Atkins, Warm, Warm, Warm Spring Mouths, 2013, HD video, 12′50″, color, sound. Video still.  Courtesy of the artist and Cabinet, London. 

5. Lu Yang, DOKU The Flow, 2024, HD video, 50′15″, color, sound. Video still.  Courtesy the artist and Société, Berlin.