ausstellung
Other People Think
Bis 24. August 2025 ● Herford ● Marta Herford
Die Ausstellung „Other People Think – Eine Auswahl aus der Sammlung Wemhöner“ wirft einen Blick auf privates Kunstsammeln und zeigt eine exklusive Auswahl aus der Sammlung von Heiner Wemhöner.
Heiner Wemhöners Sammeltätigkeit nahm in den späten 1990er-Jahren ihren Anfang und entwickelte sich über die Jahre zu einer intensiven und andauernden Beschäftigung mit der zeitgenössischen Kunst. Die Sammlung umfasst sämtliche medialen Gattungen, von Malerei und Skulptur über Fotografie bis hin zu Film und Video. Auch thematisch breit gefächert, zeugt sie in erster Linie von Heiner Wemhöners sehr persönlichem und intuitiven Zugang zur Gegenwartskunst, der nicht von einem ökonomischen Interesse geprägt ist, sondern die unmittelbare Begegnung mit der Kunst, das sinnliche Erleben, in den Vordergrund stellt.
Der Ausstellungstitel „Other People Think“ bezieht sich dabei auf ein Werk des Konzeptkünstlers Alfredo Jaar, der mit diesem Zitat auf andere Perspektiven anspielt - was sich auch auf den Sammler übertragen lässt, der eben genau das kauft, was ihm gefällt, ganz gleich, was andere Leute darüber denken.
Die Auswahl greift die mediale Vielfalt der Sammlung auf und bringt exemplarisch 25 künstlerische Positionen zusammen, die ebenso vielschichtige wie sublim verwandte Themenbereiche erörtern und die persönliche Begegnung mit dem Werk als poetisch-sinnliche Erfahrung in den Mittelpunkt stellen. Die rund 70 Werke reflektieren soziale, kulturelle und historische Diskurse und verdeutlichen das Potential von zeitgenössischer Kunst, gesellschaftsrelevante Fragen aufzuwerfen. Die Ausstellung spiegelt die Vielschichtigkeit zeitgenössischer künstlerischer Ausdrucksformen wider und laden dazu ein, verschiedene Blickwinkel einzunehmen.
Ein Schwerpunkt der Schau liegt auf der künstlerischen Auseinandersetzung mit dem Körper, insbesondere seiner Fragilität und Verletzlichkeit. Künstler:innen wie Marina Abramović & Ulay, Nevin Aladağ, Elmgreen & Dragset, Nan Goldin, Asta Gröting oder Ming Wong behandeln in ihren Werken das Thema des körperlichen Ausdrucks und seine symbolischen und physischen Dimensionen. Sie thematisieren nicht nur die physische Existenz des Körpers, sondern auch die sozialen und kulturellen Implikationen, die mit seiner Darstellung verbunden sind. Architektonische und öffentliche Strukturen sowie Rollenbilder und Genderfragen spielen in diesem Kontext ebenfalls eine tragende Rolle.
Die neueste 5-Kanal-Installation „Once Again… (Statues Never Die)“ des afro-britischen Künstlers Isaac Julien wird als ein zentrales Werk der Ausstellung präsentiert und thematisiert Zusammenhänge des Sammelns und darin inhärente Fragen von Sichtbarkeit und Ausgrenzung. Die großformatige Filminstallation, die sich durch reale Skulpturen in den Raum ausdehnt, rückt die Arbeit Schwarzer Kulturschaffender in den Fokus. Sie verhandelt, historische Narrative hinterfragend, Themen wie Repräsentation, Erinnerung und Restitution und schlägt den Bogen zu sammlungspolitischen und postkolonialen Diskursen der Gegenwart. Isaac Julien gehört zu den Künstler:innen, deren Arbeiten die Sammlung Wemhöner über die Jahre verfolgt und erworben hat. Dies gilt ebenso für Monica Bonvicini, deren zahlreiche Textarbeiten sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung ziehen.
Weitere Themenbereiche widmen sich der Kapitalismuskritik sowie der Auseinandersetzung mit Konzepten wie Gesellschaft, Miteinander, Zeit, Raum und Bewegung, dargestellt durch die Arbeiten von Künstler:innen wie Roberto Barni, Kexin Zang, Alicja Kwade, Bettina Pousstchi oder Ugo Rondinone. Auch Machtstrukturen werden thematisch aufgegriffen, unter anderem von Monica Bonvicini, Alfredo Jaar oder Yue Minjun.
Erweitert wird die Schau durch skulpturale und abstrakt-gestische sowie narrativen Malereien von Künstler:innen wie Georg Baselitz, Martha Jungwirth, Valérie Favre und Yan Shanchun. Ihre Werke treten in einen spannungsvollen Dialog, der die unterschiedlichen Konzeptionen von Form, Raum und Ästhetik in der zeitgenössischen Kunst hervorhebt und zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der materiellen und immateriellen Dimension von Kunst einlädt.
Die Ausstellung wird begleitet durch ein abwechslungsreiches Programm mit Kurator:innenführungen, Workshops und Künstler:innengesprächen.
Bildunterschriften und /-nachweise:
1. Asta Gröting, Ein Bürger von Calais, Die Füße von Eustache, 2015, Bronze, Aluminium, Sneaker, 17x 45x 50cm, Sammlung Wemhöner, © 2025 VG Bild-Kunst Bonn, Foto: Jens Ziehe
2. Isaac Julien, Ogun's Return (Once Again... Statues Never Die), 2022, Inkjet print on Canson Platine Fibre Rag, 150 x 200 cm, Sammlung Wemhöner, © Isaac Julien, Courtesy the artist and Victoria Miro
3. Elmgreen & Dragset, Powerless Structures, Fig. 117, 2001-2015, MDF, Eisen, Farbe, Buchstaben (Siebdruck), 80 × 120 × 40 cm, Sammlung Wemhöner, © 2025 VG Bild-Kunst, Bonn
4. Zuoxiao Zuzhou, To Add One Meter to an Anonymous Mountain, 1995, Silbergelatine-Abzug, 120 x 160 cm, Sammlung Wemhöner
5. Ming Wong, HongKong Diary, 2_5, 2011, C – Print, 17,2 x 25,8 cm, Sammlung Wemhöner
6. Monica Bonvicini, Time of My Life, 2020, Uhren, Edelstahl, Spiegel auf MDF, Sammlung Wemhöner, © 2025 VG Bild-Kunst, Bonn