ausstellung
Queere Moderne. 1900 bis 1950
Bis 15. Februar 2026 ● Düsseldorf ● Kunstsammlung NRW – K20
„Queere Moderne. 1900 bis 1950“ ist die erste umfassende Ausstellung in Europa, die den bedeutenden Beitrag queerer Künstler:innen zur Moderne vorstellt. Mit über 130 Werken – darunter Gemälde, Zeichnungen, Fotografien, Skulpturen, Filme, Literatur und Archivalien – von 34 internationalen Künstler:innen richtet das Ausstellungsprojekt den Fokus auf die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es erzählt eine alternative Geschichte der Moderne, in der queere Künstler:innen Themen wie Begehren, Gender und Sexualität sowie die Politik der Selbstdarstellung in den Mittelpunkt ihres Schaffens stellten. Sie erzählt zudem Geschichten queeren Lebens in Zeiten von Krieg und Widerstand.
Trotz ihrer engen Verflechtung mit den Avantgarden blieben queere Positionen im kunsthistorischen Kanon oft unberücksichtigt. Die häufig fehlenden Zeugnisse und Berichte über sexuelle Orientierungen und Lebensweisen erschweren bis heute die Aufarbeitung einer queeren Moderne, einer Zeit, die zudem von kolonialen Machtverhältnissen geprägt war. Dieser Prozess der Rekonstruktion eines oft vergessenen Teils der Moderne ist von dem zwangsläufig fragmentarischen Zugang zu Wissen und einem Erinnerungsverlust geprägt, Aspekte, die in die Perspektive auf eine queere Moderne kreativ einzubeziehen sind. Von der fragmentierten Quellenlage besonders betroffen sind LGBTQ+-Gemeinschaften aus weniger privilegierten sozialen Klassen oder dem „Globalen Süden“ sowie Menschen, die Mehrfachdiskriminierungen wie Rassismus ausgesetzt waren. Darüber hinaus wurde der Begriff „queer“ erst im Zuge des schwul-lesbischen Aktivismus rund um die sogenannten Stonewall-Unruhen 1969 in New York von der queeren Community als emanzipatorische Selbstbezeichnung umgedeutet. Damit wurde der Begriff positiv besetzt und trug maßgeblich zur Sichtbarkeit queerer Lebensrealitäten bei.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als insbesondere Homosexualität unter Männern weithin kriminalisiert und Homosexualität unter Frauen tabuisiert wurde, lebten viele Künstler:innen nach außen hin ein gesellschaftlich angepasstes Leben und führten sogenannte Zweckehen, was von der Geschichtsschreibung vorrangig festgehalten wurde. Was die Quellen verbergen, ist daher manchmal sogar wichtiger als das, was sie offenbaren.
Die Ausstellung ist in insgesamt acht thematische Kapitel gegliedert und beleuchtet ein internationales Netzwerk queerer Künstler:innen, das sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Metropolen Europas, in den USA und im globalen Austausch auszubilden begann.
Auf vielen Ebenen wird gezeigt, wie gesellschaftspolitisch relevant die in den Werken aufgeworfenen Themen und die Lebensläufe der Künstler:innen in ihrer Zeit waren und heute noch sind. Angesichts zunehmender Diskriminierung queeren Lebens in vielen Teilen der Welt, ist es umso dringlicher, die Geschichte queerer Kultur sichtbar zu machen. Die Ausstellung folgt damit der Vision der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen, ein vielstimmiges und globales Museum für alle zu sein, und stellt einen wichtigen Schritt dar, um die Geschichte der Moderne differenzierter, inklusiver und vielfältiger zu erzählen.
Queere Wissenschaftler:innen, Künstler:innen und Expert:innen aus verschiedenen Bereichen unterstützten das Projekt mit ihrer Expertise. Ein queerer Beirat hat die Ausstellung kritisch beraten, Vermittlungssituationen konzipiert und Vorschläge zum Rahmenprogramm beigetragen.
Bildunterschriften und /-nachweise:
1. Lotte Laserstein, Ich und mein Modell, Öl auf Leinwand, 49,5 × 69,5 cm, Privatsammlung, Courtesy Agnews, London © VG Bild-Kunst, Bonn 2025
2. Nils Dardel, Den döende dandyn (The Dying Dandy), 1918, Öl auf Leinwand, 140 × 180 cm (ungerahmt), 163,8 x 204 x 5 cm (gerahmt), Moderna Museet, Stockholm
3. Marie Laurencin, Unga kvinnor (Young Women), 1910, Öl auf Leinwand, 115 x 146 cm (ungerahmt), 124 x 156 x 5,5 cm (gerahmt), Schenkung in 1966 von Rolf de Maré, Moderna Museet, Stockholm
4. Gluck, Bank Holiday Monday, c. 1937, Öl auf Leinwand, 23,7 × 18,7 cm‚ Privatsammlung, Courtesy of The Fine Art Society Ltd © VG Bild-Kunst, Bonn 2025