ausstellung
Sculpture 21st: Peter Kogler
Bis 19. Oktober 2025 ● Duisburg ● Lehmbruck Museum
Die ganze Welt ist Netz! Netzstrukturen prägen die Glashalle, das „Schaufenster“ des Museums, das der Künstler Peter Kogler als neuesten Beitrag zur Reihe „Sculpture 21st“ gestaltet hat. Bis zu 15 Meter breite und über 5 Meter hohe, von der Decke bis zum Boden reichende Stoffbahnen lösen die Grenzen des musealen Raumes auf. Die verschobenen, wie in Schwingungen versetzten Netzmuster Koglers lassen die Betrachtenden in eine andere Realitätsebene eintauchen.
Die 28 skulpturalen Werke Peter Koglers aus zwei Jahrzehnten geben einen tiefen Einblick in das Denken und die Motivwelt des konzeptstarken Künstlers. Kogler ist ein Pionier der Medienkunst, der schon 1984 begann, den Computer in den Fokus seines künstlerischen Schaffensprozesses zu rücken. Zugleich bewegt er sich in den verschiedensten Kunstgattungen und Techniken, wie Skulptur, Zeichnung, Film, Videoprojektion und Computeranimation, die er zum Teil in großen Kunstinstallationen im öffentlichen Raum zusammenführt. Vielfach beweist er sich als Meister in der Gestaltung von Räumen, indem er die Wirkmacht der Architektur sichtbar macht und verstärkt. Die Nordhalle des Lehmbruck Museums, ihre Öffnung zum Kantpark und zur Stadt, bietet den Vorbeigehenden nun eine neue Perspektive in die Symbolwelten Peter Koglers.
Innerhalb der großen Installation sind in skulpturaler Form Motive verteilt, die in Koglers Ouevre immer wieder vorkommen. Große stilisierte Gehirne, an der Decke hängend oder auf dem Boden liegend, lassen neuronale Netze assoziieren. Verschiedene Projektionen der Weltkugel auf geometrische Körper („platonische Körper“) veranschaulichen die „Vernetzung“ der Welt in Längen- und Breitengraden. Zugleich ist der Raum von Ameisen bevölkert, die sich subtil in Netzstrukturen einfügen, welche sich wiederum als benutzbare Sitzbänke entpuppen. Kogler kombiniert seine charakteristische Motivwelt zu einem Ineinander von Mikro- und Makrostrukturen. Als universell vertraute, erkennbare Motive stehen sie als zeitlose Metaphern für globale Netzwerke, Informationsströme und ein kollektives Bewusstsein.
Besuchende können sich noch tiefer in den Welten Peter Koglers verlieren, wenn sie einen schwarzen Kubus betreten, in dem sich die Raumerfahrung der Ausstellung noch einmal steigert: Drei Seiten des Kubus bestehen aus Monitoren, die anderen aus Spiegeln. Eine pulsierende, in Schwarz-Grau-Weiß gehaltene Welt aus rotierenden und fließenden Formen umgibt die Betrachtenden und fordert ihre Sinne in schwindelerregender Weise heraus. Begleitet werden die bewegten Animationen durch eine Klangkomposition von Franz Pomassl.
Eine besondere Erweiterung erfährt die Präsentation durch Augmented Reality. Alle Besuchenden können auf ihren eigenen Smartphones ein virtuelles Objekt – eine Ameise – sichtbar machen und diese in Koglers vielschichtigem Kosmos platzieren. Die „Mixed Reality“, die der aus typischen Elementen des Koglerschen Symbolrepertoires bestehende Raum bietet, lädt dazu ein, Kunst nicht nur zu sehen, sondern auch zu erleben und sich zwischen Räumen, Ebenen und Realitäten hin und her zu bewegen.
In Verbindung mit der räumlichen Inszenierung in der Nordhalle schafft Peter Kogler auf der Galerie der Glashalle eine gelungene Sammlungsintervention. Mit einer Sitzbank in Form einer Hand mit zeigendem Finger verweist er auf zwei prominente Werke von Antoine Pevsner und Naum Gabo – als Wegbereiter konstruktiver, raumbezogener Skulpturen knüpft Kogler damit an seine historischen Vorbilder an. Im Zentrum von Pevsners und Gabos künstlerischer Arbeit standen nicht Masse oder Volumen der Skulptur, sondern Konstruktion, Linie und Dynamik: Prinzipien, die sich eben auch in Koglers analogem wie digitalem Werk widerspiegeln.
Bildunterschriften und /-nachweise:
1. bis 4. Peter Kogler, Untitled, 2014, Lehmbruck Museum © Künstler, Foto Fabian Strauch