Patrick Chamoiseau

Die Spur des Anderen

Glücklicherweise kann er ein in der Nähe gekentertes Schiff plündern, um sich mit den unverzichtbaren Dingen, wie etwa Waffen und Schießpulver, die Grundlage einer Zivilisation zu schaffen. Er ist ein Robinson.

Der Gestrandete ist seit Daniel Defoe ein Topos der abendländischen Kulturgeschichte. Auch Patrick Chamoiseaus Erzähler kultiviert anfangs die Insel zu seinem Reich, doch stellen sich seine Zäune und Amtshandlungen bald als lächerliche Illusionen heraus. Er durchlebt immer wieder andere Zyklen des Begreifens: So verschmilzt er symbiotisch mit der Insel und ihrer Tier- und Pflanzenwelt, dann tritt er ihr im Kriegszustand entgegen, später dann mit Gleichgültigkeit, zuletzt als Künstler. Seit er am Strand eine Spur entdeckte, gilt sein Denken nicht nur der Insel, sondern auch dem Anderen. Er wird Robinsons größte Herausforderung – als Begegnung mit sich selbst. Die Rahmenerzählung, die mitteilt, was der Gestrandete aufgrund einer Amnesie nicht zum Grund seiner Selbstfindung machen kann, konterkariert das literarische Vorbild Daniel Defoes mit einer historischen Dimension: Die traditionelle Selbstermächtigung war immer auch eine europäische. Ihr kultureller Hintergrund ist nicht der des Erzählers, sondern dessen, der ihn als aufrührerischen Wahnsinnigen einst auf der Insel aussetzte. Am Ende begegnen sie sich wieder.


Gebunden, 272 Seiten
ISBN: 978-88423-444-0 | € 24,80
Verlag: Das Wunderhorn
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Cover © Das Wunderhorn Verlag